Wenn die Liebe nicht mehr jung ist

13 Feb

 

Warum trennen sich Paare nach mehr als 30 gemeinsamen Jahren?

Dieser Frage ist die Schweizerin Pasqualina Perrig-Chiello nachgegangen. Sie hat dazu 2000 Paare befragt und herausgekommen ist nicht nur ein interessantes Forschungsprojekt, sondern auch ein lesenswertes Buch mit dem schönen Titel „Wenn die Liebe nicht mehr jung ist“.

Am 22. Januar 2018 hatte das Tandem Institut in Freiburg Frau Prof. Pasqualina Perrig-Chiello zu einem Workshop eingeladen mit dem Titel „Wenn die Liebe nicht mehr jung ist – Warum viele langjährige Partnerschaften zerbrechen und andere nicht“.

Die Scheidungsraten bei Langzeitehen sind in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Wir wussten bislang erstaunlich wenig darüber, denn die wissenschaftliche Forschung fokussierte sich bis vor kurzem fast ausschließlich auf Scheidungen von Paaren mit minderjährigen Kindern.

Um so mehr interessiert waren die Teilnehmer*innen des Workshops, ob es ein Rezept für lebenslange glückliche Partnerschaften gibt.

Ja, die gibt es:

Wichtige Merkmale sind Respekt und Wertschätzung sowie eine gute Balance zwischen Gemeinsamkeit und Abgrenzung. Und es geht um Verzeihen und Vertrauen, da es keine Beziehung ohne Krisen gibt.

Krise oder Chance?

Sind späte Scheidungen Krisen, die das Tor für einen guten Neubeginn darstellen, oder vielmehr der Anfang chronischen Leidens? Darauf kann es keine allgemein gültige Antwort geben, da Menschen nun mal sehr verschieden sind. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bei Männern die Trennung oft mit einem Burn- Out einhergeht. Wenn die Beziehung nicht mehr funktioniert, kommt es vor allem bei Männern vermehrt zu Problemen im Beruf.

Frauen hingegen suchen sehr viel häufiger externe professionelle Hilfe. Und Frauen haben meist ein gut funktionierendes soziales Umfeld, das ihnen bei der Bewältigung der Trennungsproblematik hilft.

Obwohl Männer sich häufiger wegen einer anderen Partnerin trennen, sind es die Frauen, die mehrheitlich die Scheidung einreichen.

Chart: "Eheliche Trennung"

 

„Scheidung und Verwitwung gehören zu den schwierigsten Lebenssituationen in unserer westlichen Welt. Dies hat Auswirkungen auf das gesamte Leben, insbesondere aber auf psychischer und körperlicher Ebene: depressive Symptome, Suizidgedanken, Einsamkeit, Broken-Heart-Syndrom“.

Langjährige glückliche Paare verfügen über eine hohe Kommunikationskompetenz. Sie reden miteinander, können sich gemeinsam über Dinge und Ereignisse freuen. Sie wertschätzen und respektieren einander. Krisen werden aktiv bewältigt, nicht totgeschwiegen.

Der demografische Wandel bringt es mit sich, dass in Zukunft immer mehr Paare sich im fortgeschrittenen Alter trennen werden. Für unsere Gesellschaft bedeutet dies eine neue Herausforderung vor allem mit Blick auf eine starke Zunahme von Single-Haushalten. Die Politik täte gut daran, wenn sie Rahmenbedingungen für neue Wohnformen fördern würde. Nur so können wir einer Vereinsamung der Gesellschaft entgegenwirken.

Im Anschluss an den Workshop habe ich noch ein kurzes Interview mit Frau Prof. em. Pasqualina Perrig-Chiello geführt.

Alterskompetenz: „Was hat Sie veranlasst gerade langjährige Beziehungen zu untersuchen?“

Perrig-Chiello: „Mich hat vor allem interessiert, weshalb so viele langjährige Beziehungen auseinandergehen. Das sind natürlich zum einen gesellschaftliche Gründe, aber mich haben die individuellen paarspezifischen Gründe interessiert. Und ich wollte wissen, wie es langjährigen Partnerschaften geht, da wir eine langlebige Gesellschaft sind, die dazu noch einen Wertewandel durchmacht. Und da gab es bislang noch keine Antworten. Diese Langzeitstudien haben mir geholfen, Antworten zu finden.“

Alterskompetenz: „Was sagen Sie Leuten, die Sie nach einem Rezept für langjährige gute Beziehungen fragen?“

Perrig-Chiello: „Es gibt kein Rezept! Aber es gibt viele Wege, um glücklich zu werden in langjährigen Beziehungen. Es braucht ein bisschen Glück, aber man kann dem Glück auf die Sprünge helfen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass man sich gemeinsam weiterentwickeln darf, ohne dabei die eigene Weiterentwicklung aus den Augen zu verlieren. Damit die Beziehung lebendig bleibt. Die eigenen Freiräume erhalten, aber immer wieder zurückfinden zu den gemeinsamen Projekten und den gemeinsamen Zielen.“

Alterskompetenz: „Glauben Sie, dass die Digitalisierung Beziehungen auf lange Sicht verändern wird?“

Perrig-Chiello: „Ich glaube schon, dass die Digitalisierung eine neue Dynamik hineinbringen wird. Auf der anderen Seite haben wir psychologische Momente, die gleichbleibend sind. Das ist der Wunsch nach Vertrauen, nach Treue, nach Exklusivität. Das wird sich nicht verändern. Die neuen Rahmenbedingungen machen es allerdings nicht einfacher.“

Das Interview führte Ria Hinken für Alterskompetenz.

Bis dass der Tod uns scheidet?

Wenn die Liebe nicht mehr jung ist

WaruBuchcover "Wenn die Liebe nicht mehr jung ist"m viele langjährige Partnerschaften zerbrechen und andere nicht

von Pasqualina Perrig-Chiello

ISBN: 9783456855875
2017, 232 Seiten,, € 24,95,

eBook: PDF & EPUB 21,99

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