Vorschub für die radikale Rechte und Gefahr für die Demokratie

29 Okt.

Das Problem heißt Friedrich Merz

Im Zusammenhang mit dem Rückgang der Zahlen von Asylbegehren hat Bundeskanzler Friedrich Merz vor einer Woche öffentlich von „diesem Problem im Stadtbild“ gesprochen, weswegen Bundesinnenminister Dobrindt dabei sei „jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“ 

Diese Äußerung verknüpft ein angenommenes Erscheinungsbild des öffentlichen Raumes mit der Anwesenheit bestimmter Bevölkerungsgruppen, die ein zu beseitigendes Problem darstellten. Sie ist zutiefst rassistisch und untragbar für das Amt des Bundeskanzlers. Die Äußerung verletzt die Menschenwürde von Millionen Bürgerinnen und Bürgern, die als „nicht-deutsch“, weil „nicht-weiß“ wahrgenommen werden, grenzt sie aus und fördert ein Klima, in dem rassistisch motivierte Anfeindungen, Übergriffe und Anschläge entstehen.

Eine Entschuldigung hat Friedrich Merz abgelehnt. Seine Erklärung war kein Ausrutscher. Vielmehr zeigt sie eine tief sitzende Haltung, die gegenwärtig die Politik der CDU/ CSU bestimmt. Bereits im Januar 2023 bezeichnete Merz im Kontext der Diskussion um die Auseinandersetzungen in der Silvesternacht in Berlin die Söhne von Migranten in rassistischer Stereotypisierung als „kleine Paschas“[1]. Ziel des Beitrags war es, junge Menschen und ihre Familien pauschal als unintegriert und potenziell gefährlich zu brandmarken. Im September 2023 griff Merz gar zur Lüge: 300.000 abgelehnte Asylbewerber reisten nicht aus, bekämen aber die „volle Heilfürsorge“, säßen „beim Arzt“ „und lassen sich die Zähne neu machen“ und „die deutschen Bürger nebendran“ bekämen keine Termine[2]. Es war eine gezielte Diffamierung, um Empörung und Neid der Bevölkerung auf Kosten Schutzsuchender zu befeuern. Nun ergänzt er diese Diffamierung noch, indem er sich angeblich für Frauenrechte interessiert und meint, die Frauen, bzw. „Töchter“ würden durch umfangreiche Rückführungen besser geschützt.

Die Verknüpfung des „Stadtbildes“ mit „Rückführungen“ ist die erschreckende Fortsetzung dieser Bevölkerungsteile erniedrigenden und diskriminierenden Linie. Merz ist nicht allein. Ursprünglich stammt das Stadtbild-Narrativ von dem Treffen Rechtsradikaler im November 2023 im Landhaus Adlon in Potsdam. Damals forderte der AfD-

Fraktionsvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, das Stadtbild müsse sich ändern, ausländische Restaurants müssten unter Druck gesetzt werden („Correctiv-Bericht“)[3].

Die Vorsitzende des RAV, Rechtsanwältin Angela Furmaniak, erklärt zu diesem Geschehen: 

Die Äußerungen des Bundeskanzlers leisten rechten Gewalttaten und menschenunwürdiger Gesetzgebung Vorschub. Sie sind der Nährboden für konkrete Übergriffe auf all die Menschen, die nicht in das deutsche Erscheinungsbild eines Friedrich Merz passen. Wir stellen uns täglich mit unserer Arbeit gegen diese rassistische Hetze und verwehren uns in diesem Zusammenhang ausdrücklich gegen jede Instrumentalisierung der angeblichen Interessen oder Ängsten von Frauen. Das Verhalten von Friedrich Merz leistet der radikalen Rechten Vorschub und ist eine Gefahr für die Demokratie. 

Wir werden uns weiterhin für die Lösung der bestehenden Probleme einsetzen: Bessere soziale Versorgung, eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik und eine gerechte Verteilung des Wohlstands.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Demokratie und Menschenrechte

[1] ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ am 10.01.2023
[2] „WELT TALK“ des Senders WELT TV am 27.09.2023
[3] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/