Der Weltelterntag am 1. Juni naht – Arbeitspsychologin Nina Pauls erklärt, wie die neuen Medien das Privatleben arbeitender Eltern beeinflussen
Die Reichweite der Erreichbarkeit
Ob die Erreichbarkeit die Balance zwischen Arbeit und Privatleben eher unterstützt oder behindert, hänge von unterschiedlichen Faktoren ab. „Wir wissen aus unseren Studien im IT-Bereich, dass es nicht die schiere Menge an Kontaktanfragen im Privatleben ist, die Erreichbarkeit zum Problem werden lassen“, erläutert Pauls. „Sie ist besonders dann konfliktbehaftet, wenn sie viel Zeit in Anspruch nimmt und die Anfragen überraschend eintreffen und sofort eine Reaktion erfordern.“ Außerdem sei Erreichbarkeit oft ein Ausdruck von Überlastung und führe vor allem bei Beschäftigten, die sowieso schon viel und lange arbeiteten, zu Problemen beim Abschalten von der Arbeit und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Die problematischen Auswirkungen der ständigen Erreichbarkeit könnten laut Pauls durch flexiblere Arbeitszeiten verringert werden. Das Team im Projekt „MASTER – Management ständiger Erreichbarkeit“ spreche dann von „arbeitnehmerorientierter Flexibilisierung“. „Wenn Erreichbarkeit im Job von Beschäftigten erwartet wird, sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Gegenzug mehr Flexibilität zulassen. Dies kann mit gleitenden Arbeitszeiten oder Home-Office-Lösungen gelingen.“ Über die betrieblichen Rahmenbedingungen hinaus hätten aber auch betroffene Beschäftigte selbst die Möglichkeit, Strategien zum Umgang mit den neuen Medien zu nutzen. Beschäftigte könnten die Zeiten, in denen sie erreichbar sind, begrenzen oder E-Mail-Filter nutzen. „Auch die Trennung privater und dienstlicher Geräte kann helfen, ebenso wie Benachrichtigungsblocker.“ Es sei außerdem ratsam, bereits während der tatsächlichen Arbeitszeit genügend Zeit für Absprachen mit Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzten einzuplanen.
Nina Pauls ist seit 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Wirtschaftspsychologie am Institut für Psychologie der Universität Freiburg. 2013 wurde sie mit der Arbeit „Die Rolle von Flexibilitätsanforderungen und Beruflicher Selbstwirksamkeit für das Befinden von Beschäftigten“ promoviert. Pauls Forschungsschwerpunkte sind die psychische Gesundheit bei der Arbeit und die Anforderungen moderner Arbeitswelten. Zurzeit arbeitet sie an den Projekten „MASTER – Management ständiger Erreichbarkeit“ und „RESILIRE – Altersübergreifendes Resilienzmanagement“.