Es gibt also ein ganzes Arsenal an Dark Patterns, mit denen Webseitenbetreiber unser Verhalten manipulieren können
Die meisten Internetnutzer dürften es kennen: Das innerliche Augenrollen beim x-ten Cookie- Banner, bei dem man direkt auf den „Alle Akzeptieren“-Button klickt, damit es möglichst schnell wieder verschwindet. Schließlich hat kaum jemand Lust und Zeit, die Cookies individuell anzupassen. Und genau darauf spekulieren die Betreiber der Webseiten. Sie nutzen sogenannte Dark Patterns, um die Nutzer in ihrem Sinne zu manipulieren. SpardaSurfSafe, eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, erklärt, was es mit diesem Phänomen auf sich hat und wie Nutzer Dark Patterns erkennen können.
Es ist seit langem bekannt, dass Supermärkte bestimmte psychologische Tricks nutzen, um ihre Kunden in Kauflaune zu versetzen. So werden die Markenartikel mit dem größten Profit beispielsweise genau auf Sichthöhe im Regal platziert, während die günstigeren No-Name-Produkte ganz unten stehen. Auch die sogenannten „Quengelartikel“ im Kassenbereich sollen Kunden dazu bringen, Artikel noch kurz vor dem Zahlen auf das Kassenband zu werfen – oft, um das Kind im Einkaufswagen noch die letzten paar Minuten ruhig zu stellen, daher auch der Name. Doch auch im Internet sind wir nicht sicher vor derartiger Manipulation, mit der die Betreiber uns dazu bringen wollen, nach einem bestimmten, von ihnen bevorzugten, Muster zu handeln – sogenannte Dark Patterns, also Dunkle Muster.
„Unter dem Begriff Dark Patterns werden unterschiedliche Designs zusammengefasst, die vor allem auf Webseiten und in Apps eingesetzt werden, um Nutzer zu täuschen und dazu zu bringen, Handlungen auszuführen, die ihren eigenen Interessen eigentlich entgegenstehen“, erklärt Götz Schartner vom Verein Sicherheit im Internet e.V., einem Mitveranstalter von SpardaSurfSafe. Er nennt als prominentestes Beispiel für diese Art der Manipulation die allgegenwärtigen Cookie-Banner. „Der einzige farbig unterlegte Button ist meist ‚Alle Akzeptieren‘, während die Alternativen, ,Ablehnen‘ oder ,Auswahl erlauben‘, ausgegraut sind oder kaum sichtbar versteckt werden. So sollen wir dazu gebracht werden, den bunten Eye-Catcher anzuklicken statt die für uns vorteilhafteren Varianten. Wir werden also dazu verleitet, sämtliche Cookies zu akzeptieren, mit denen unser Surfverhalten und unsere Vorlieben möglichst exakt getrackt werden können.“
Doch die Cookie-Banner sind nur eines von unzähligen Dark Patterns, denen wir tagtäglich im Netz begegnen. SpardaSurfSafe hat die häufigsten aufgelistet:
- Sneak into basket
In manchen Online-Shops kommt es gelegentlich vor, dass plötzlich Produkte im Warenkorb auftauchen, die man überhaupt nicht hineingelegt hat. Man könnte vermuten, dass es sich dabei um das Resultat eines versehentlichen Klicks handelt. Doch weit gefehlt: Oft steckt ein „Sneak into basket“ genanntes Dark Pattern dahinter. Dabei legt der Shop-Betreiber ergänzende Produkte, passend zum ausgewählten Artikel, in den Warenkorb, die, sofern man sie nicht möchte, erst wieder gelöscht werden müssen, bevor man den Bestellvorgang abschließt. - Vorauswahl
Dieses Dark Pattern ist weit verbreitet, etwa bei einem bekannten amerikanischen Versandhändler. Sucht man nach bestimmten Artikeln des täglichen Bedarfs, wird automatisch das Spar-Abo als Standard ausgewählt und der entsprechende (meist günstigere) Preis angezeigt. Möchte man den Artikel nur einmal bestellen, muss man das Abo zunächst abwählen und bekommt erst dann den in der Regel unattraktiveren Kaufpreis angezeigt. - Versteckte Informationen
Die Betreiber von Webseiten sind rechtlich dazu verpflichtet, eine Reihe von Informationen bereitzustellen. Doch das heißt nicht, dass diese auch leicht zu finden oder gut lesbar sind. Vor allem, wenn es um unangenehme Informationen geht, ist diese Praxis weit verbreitet. Gerne genutzt wird sie auch, wenn es um die Abmeldung von Newslettern oder die Kündigung von (Probe-)Abos geht. - Confirmshaming
Bei diesem Dark Pattern wird tief in die psychologische Trickkiste gegriffen, denn es wird versucht, dem Nutzer ein schlechtes Gewissen zu machen, sollte er seine Zustimmung verweigern. So wird beispielsweise der Button nicht einfach „Nein, ich möchte keine regelmäßigen Informationen erhalten“ genannt, sondern „Nein, ich möchte keine Informationen erhalten und kein Geld sparen“. - Künstliche Verknappung
Den meisten Internetnutzern dürfte außerdem die künstliche Verknappung geläufig sein. „Nur noch zwei Zimmer zu diesem Preis auf unserer Webseite“, „Letzter Artikel in dieser Größe“ oder „Nur noch heute zu diesem Preis“ heißt es auf zahllosen Webseiten. Damit werden die Nutzer dazu gedrängt, schnell zu handeln. - Einfacher Einstieg, schwieriger Ausstieg
Ein kostenloses Probeabo abzuschließen ist bei vielen Diensten im Internet nur eine Sache von wenigen Klicks – dieses jedoch wieder zu beenden, bevor es in ein kostenpflichtiges Abo übergeht, ist oft gar nicht so einfach. Meist handelt es sich dabei nämlich um Abos mit einer sogenannten Negativoption. Das bedeutet, man muss das Abo aktiv vor Ablauf einer bestimmten Frist kündigen, um nicht am Ende zahlen zu müssen. Da genau das – also der Übergang in ein reguläres Abo – das Ziel des Anbieters ist, gestaltet er die Kündigung möglichst kompliziert.
Es gibt also ein ganzes Arsenal an Dark Patterns, mit denen Webseitenbetreiber unser Verhalten manipulieren können. Doch ist das überhaupt legal? „Tatsächlich sagen Datenschutzgesetze, wie auch die in der Europäischen Union geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), dass der Verarbeitung von Daten aus freiem Willen zugestimmt werden muss und dass dies nicht der Fall ist, wenn die Zustimmung durch Manipulation erschlichen wird“, erklärt Schartner. So wurde beispielsweise Facebook bereits zweimal erfolgreich verklagt und musste nachbessern.
Trotzdem ist davon auszugehen, dass die Nutzung von Dark Patterns im Internet nicht abnehmen wird. Im Gegenteil: Da es nach wie vor schwierig ist, den digitalen Raum zu regulieren und vor allem zu kontrollieren, werden die Seitenbetreiber nicht aufhören, sie für ihre Zwecke einzusetzen. Schutz vor Manipulation bietet – wie so oft im Internet – ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und das Wissen, um Dark Patterns. So lassen sich Fallstricke und potenzielle Gefahrenquellen identifizieren und so weit wie möglich umschiffen.
Weitere Informationen zum Thema stehen auf der Webseite von SpardaSurfSafe unter https://www.spardasurfsafe-bw.de/security-privacy/1024f5d7-b973-4fb1-8ec2-11df0f1b634a
Über SpardaSurfSafe – eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden- Württemberg
Veranstalter und Träger von SpardaSurfSafe ist die Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die gemeinsam mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg, dem Verein Sicherheit im Internet e. V. und dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg das Großprojekt im achten Jahr durchführt. In Kooperation mit den IT-Sicherheitsexperten der 8com GmbH & Co. KG wurde ein Konzept entwickelt, das die Schüler im Rahmen des Unterrichts im Umgang mit den Neuen Medien aufklärt. „SpardaSurfSafe ist für uns ein Herzensprojekt, das wir mittlerweile in 32 verschiedenen Städten in Baden-Württemberg durchgeführt haben. Über 500.000 Teilnehmer konnten seit dem Start von dem Programm profitieren. Dafür bekommen wir durchweg positives Feedback von den Teilnehmern, ob Schüler, Eltern oder Lehrer“, erklärt Patrick Löffler vom Verein Sicherheit im Internet e. V.